Mit ihrem Bewegungs-Pass bringt die Hannoversche Volksbank ihr gesamtes Einzugsgebiet in Schwung und tritt mit Pfiff, Energie und starken Partnern für mehr Bewegung an den Schulen sowie auf dem Weg zur Schule ein. Das weckt sportlichen Ehrgeiz, minimiert die oft lästigen Elterntaxis und zieht in der Region immer weitere Kreise.
Jeder, der in der Nähe einer Grundschule wohnt, kennt die Szene: Frühmorgens halten gestresste Mütter und Väter mit ihren Autos mitten auf der Straße, auf Bürgersteigen und in Einfahrten, wenden manchmal sogar in Vorgärten, nur um ihre Kinder pünktlich zur Schule zu bringen. Dazwischen herrscht Chaos: Manchmal noch gähnend und ein wenig schlaftrunken steigen die Kleinen aus und geraten mit anderen ins Gedränge, die gerade mit dem Roller oder dem Fahrrad angezischt kommen und wiederum stark gefährdet sind durch Autotüren, die sich urplötzlich öffnen und den sowieso schon engen Weg versperren.
Das sogenannte Elterntaxi ist aus vielen Gründen ein Problem an Deutschlands Schulen. Das erlebt auch Matthias Battefeld so: „Als Vater einer fünfjährigen Tochter und eines neunjährigen Sohnes sehe ich immer wieder, dass erstens die Kinder nicht ausreichend mit den Verkehrsregeln vertraut sind“, sagt der Vorstand der Hannoverschen Volksbank. „Zweitens lässt ihre Beweglichkeit durchaus zu wünschen übrig. Und drittens entstehen durch das Elterntaxi viele gefährliche Situationen.“
Motivation zum Auto-Verzicht
Der Bewegungs-Pass, den seine Bank 2017 startete, trägt Jahr für Jahr dazu bei, dass sich das ändert: Er motiviert Eltern und Kinder dazu, zu Fuß, mit dem Roller oder dem Fahrrad zu Grundschule, Kindergarten oder Kindertagesstätte zu kommen. Gemeinsam mit der Stiftung Hannoversche Volksbank fördert die Bank das Projekt. Für Battefeld, der dem Vorstand der Stiftung vorsitzt, ist das gut angelegtes Geld, weil es nachhaltig wirkt. „Als regionale Volksbank, die mit rund 1 Million Euro im Jahr zum Beispiel Kultur-, Jugend- oder Sozialprojekte fördert, wollen wir so unseren Beitrag für die Gesellschaft leisten und etwas zurückgeben.“
Das Prinzip, dass man gute Ideen aufgreifen und daraus etwas Größeres machen kann, ist am Bewegungs-Pass gut zu erkennen. Entstanden ist das Konzept bei der SG Letter 05, dem mitgliederstärksten Verein Seelzes, einer Mittelstadt westlich von Hannover. Der Verein hatte 2016 mit seinem „Laufpass für Kids“ bei den „Sternen des Sports“ mitgemacht, Deutschlands wichtigstem Vereinswettbewerb im Breitensport, bei dem die Volksbanken und Raiffeisenbanken mit dem Deutschen Olympischen Sportbund kooperieren. „Das Projekt hat regional hier in Hannover gewonnen, auf Landesebene den dritten Platz belegt und ist dann auf Bundesebene auf Platz 2 beim Publikumspreis gelandet“, erzählt Matthias Battefeld. „Wir fanden das Konzept so gut, dass wir es allen Sportvereinen in der Region anbieten wollten.“
Prämien für die Kleinen
Die Idee ist einfach, aber effizient. Jeden Tag, den die Kinder nicht mit dem Auto zum Kindergarten oder zur Grundschule kommen, sammeln sie in einem Flyer eine Unterschrift. Haben sie 20 zusammen, gibt es ein kleines Geschenk. Und wer zusätzlich ein Sportabzeichen macht und ein weiteres Angebot eines Sportvereins nutzt, kann an einer zusätzlichen Verlosung teilnehmen, bei der es etwa Jahreskarten für den Erlebnis-Zoo Hannover zu gewinnen gibt.
Die Herausforderung war nur: Wie kann ein solches Projekt in einem so großen Einzugsgebiet wie dem der Hannoverschen Volksbank funktionieren? In 21 Kommunen leben hier 1,1 Millionen Einwohner, ungefähr die Hälfte davon in der Stadt direkt. Die Antwort: mit starken Partnern. Für die sportliche Seite holte sich die Bank die SportRegion Hannover dazu, die aus dem Regionssportbund und dem Stadtsportbund besteht: Sie vertritt mehr als 1.000 Sportvereine und knapp 300.000 Mitglieder. Außerdem wurde die Verkehrswacht mit einbezogen.
Organisiert wurde das Ganze dann unter anderem von Felix Decker. Der Sportreferent Bildung und Sportjugend des Regionssportbunds sprach die Sportvereine an, die wiederum Kontakt zu Schulen und Kindergärten in den jeweiligen Stadtteilen oder Gemeinden aufnehmen sollten. „Wir haben alle Vereine angemailt und sofort großes Interesse gespürt“, erinnert sich Decker. „Neben bestehenden Kooperationen, die den Aufwand natürlich verringern, haben wir oft auch von Eltern gehört, die die Idee in ihrem Umfeld vorstellen wollten.“ Für Decker ist das ein Glücksfall: „Wir bringen so viele Kinder in Bewegung wie sonst mit kaum einer anderen Aktion.“ Das sei wichtig, weil Kinder gerade im frühen Alter Bewegung bräuchten und sie dadurch auch befähigt würden, lebenslang Sport zu treiben. „Und das hat Auswirkungen auf die Gesundheit und ein langes Leben.“
Mehr Bewegung, neue Kontakte
Mareike Wietler ist gleich in einer Mehrfachrolle dabei. Sie lebt im Ort Isernhagen im Nordosten Hannovers, wo auch ihre zwei Söhne zur Grundschule gehen – und gleichzeitig ist sie Geschäftsführerin des VfL Eintracht Hannover von 1848, dem drittgrößten Verein der Kernstadt. „Für uns als Verein war das nicht viel Arbeit, der Sportbund hatte das gut vorbereitet. Wir mussten nur unser Logo verschicken, das dann in eine Broschüre eingedruckt wurde.“ Diese wurde wiederum an den Schulen verteilt, mit denen der Verein kooperierte. „Für den Verein ist das sehr spannend, weil wir natürlich nicht nur etwas für die Bewegung der Kindergarten- und Schulkinder tun, sondern auch neue Kontakte zu jungen Menschen bekommen, die bei uns in Sportarten hineinschnuppern“, sagt Mareike Wietler. „Außerdem lernen uns Familien kennen, in denen die Eltern nicht in Vereinen Sport machen – und die Kinder bekommen so die Gelegenheit, nicht nur die Sportarten kennenzulernen, sondern auch die Gemeinschaft.“
Ihr Sohn Teetje hat ebenfalls beim Bewegungs-Pass mitgemacht, an der Grundschule Altwarmbüchen. Teetje ist dann gerne mit seinem Freund Pepe und dem Geschwisterpaar Felix und Mia ebenfalls mit dem Roller oder zu Fuß zur Schule gekommen. „Wenn die Kinder zusammen unterwegs sind, ist die Motivation natürlich viel größer“, sagt Mareike Wietler. „Mir macht das viel mehr Spaß“, bestätigt auch Teetje, der gar nicht groß für den Bewegungs-Pass motiviert werden musste. „Ich habe die Stempel gesammelt und hinterher ein Springseil bekommen, das war schon cool.“ Im Zuge des Projekts, an dem von seiner Grundschule 90 Prozent der Kinder mitgemacht haben, hat er beim TuS Altwarmbüchen zum Beispiel Leichtathletik ausprobiert – der Verein ist der Kooperationspartner seiner Grundschule.
Was für ihn recht selbstverständlich ist, muss nicht für alle Familien gelten. „Hier bringen viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto“, sagt seine Mutter, „und weil die Straße eine Sackgasse ist, ist es oft absolut voll.“ Der Bewegungs-Pass hat aber geholfen, erklärt sie. „Zwar ist das Elterntaxi noch lange nicht Geschichte, aber ich beobachte dennoch, dass das Projekt sehr gut angenommen wurde. Wenn die Kinder es erst mal ausprobiert haben und die Eltern auch merken, dass das Kind in der Lage ist, alleine zur Schule zu gehen, wird das auch nachhaltig weiter fortgesetzt.“
50 Vereine, 17.000 Pässe
Felix Decker vom Regionssportbund sieht das genauso. „Der Bewegungs-Pass entspannt die Situation vor den Schulen ungemein.“ Auf die positive Wirkung lassen auch die Zahlen schließen. Beteiligten sich zu Beginn gerade mal 17 Sportvereine, die rund 7.100 Pässe ausgegeben haben, waren es 2019 schon 50 Vereine und fast 17.000 Pässe. 2020 musste das Projekt wegen der Corona-Krise etwas kürzer treten. Der Bewegungs-Pass findet in diesem Jahr vom 14. September bis 20. November statt. „Wir sehen einfach, dass wir die Kinder in Bewegung bringen“, sagt Felix Decker, „und das ist für sie und für die Umwelt ein großer, wichtiger Schritt.“ Matthias Battefeld sieht das genauso und blickt in die Zukunft: „Entgegen unserer üblichen Förderpraxis haben wir uns dafür entschieden, den Bewegungs-Pass über mehrere Jahre zu begleiten“, sagt der Vorstand der Hannoverschen Volksbank. „So können wir als regionaler Partner für die Menschen in der Region etwas sehr Sinnvolles weiter vorantreiben.“