Erst Mathe, dann Deutsch, dann Leben

Die Raiffeisen-Volksbank in Aurich möchte nicht nur Begleiter, sondern aktiver Partner der Schulen ihrer Region sein. Um die Schülerinnen und Schüler noch besser zu unterstützen und sie gezielt auf die Welt von morgen vorzubereiten, hat sie das Unterrichtsfach „Leben“ konzipiert. Hier heben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank zusammen mit den Lehrkräften wichtiges Finanzwissen, Bewerbungstipps, aber auch Probleme auf dem Weg in Richtung Zukunft mit auf den Stundenplan. Das ist nah. Das ist echt. Das hilft. Und: Es bringt vor allem auch spannende neue Einblicke – und jede Menge Spaß.

Erst Mathe, dann Deutsch, dann „Leben“

Die erste Reaktion: Lachen. Als Julia Röben den Schülerinnen und Schülern der Oberschule Uplengen eine Auswahl von Bewerbungsfotos zeigt, kann die Gruppe nicht ernst bleiben, zu schlecht und vor allem unpassend wirken einige der Bilder. Die Vorstandsassistentin der Raiffeisen-Volksbank mit Sitz in Aurich lächelt, dann fragt sie die Neuntklässler, warum sie so reagieren. „Das hier geht gar nicht“, sagt einer, „das ist total überbelichtet.“ Eine Schülerin zeigt auf ein anderes Foto: „Der hat ja Schmutz im Gesicht, das ist ja wohl klar, dass man sich so nicht präsentieren soll.“ Julia Röben nickt, „Okay, das ist ganz einfach, aber wie sollen denn gute Fotos aussehen? Was wirkt gepflegt und freundlich? Welches Foto vermittelt Professionalität?“ Die Gruppe diskutiert. Am Ende wissen alle, wie ein vernünftiges Bewerbungsfoto aussehen sollte. „Man sieht einfach sofort, wenn sich jemand Mühe gegeben hat“, kommentiert ein Schüler die Übung. „Ein Bild ist der erste Eindruck, der zählt.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Willkommener Perspektivwechsel

Die Fotoanalyse in dem hellen Klassenraum im Landkreis Leer in Ostfriesland ist der Auftakt eines Workshops, der den 15- bis 16-Jährigen einen Perspektivwechsel ermöglicht. Sie stehen kurz vor ihrem Abschluss. Danach entscheidet sich, ob sie weiterhin zur Schule gehen oder eine Ausbildung machen wollen. Die Raiffeisen-Volksbank unterstützt die Schülerinnen und Schüler dabei im Rahmen ihrer langfristigen Schulpartnerschaften mit einem Projekt, das die Bank 2023 gestartet hat. Mit dem Unterrichtsfach „Leben“. Neben den Bewerbungstrainings gehören hier auch andere lebensnahe Themen wie Finanzwissen oder auch der Umgang mit Schulden zum Programm, das in mehreren Klassen der Stufen 8 bis 11 an vier Schulen in der Region umgesetzt wird. Dazu kommen Besuche oder auch Praktika in der Bank.

Engagement als Herzensangelegenheit

Für Julia Röben ist das Projekt eine Herzensangelegenheit. „Wir als Raiffeisen-Volksbank sind als Förderer in der Region tätig und dabei ist es wichtig, dass diese Förderung schon in den Schulen beginnt. Wir wollen dabei Jugendliche gut vorbereitet in ihre berufliche Zukunft begleiten – mit Inhalten, die sie wirklich brauchen“, sagt die Mitarbeiterin, die mehrere Arbeitsstunden pro Woche in das Projekt steckt. Die Bank weitet ihr Schulengagement in Zukunft noch weiter aus. Und auch außerhalb des Unterrichtsfachs „Leben“ engagiert sich die Raiffeisen-Volksbank eG für die finanzielle Bildung junger Menschen. So vermitteln Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Beispiel auf spielerische Weise im Börsenspiel wichtiges Börsenwissen oder schaffen durch Einheiten wie „No money – no future“ die Grundlagen für eine sorgenfreie finanzielle Zukunft.

Individuelle Kompetenzinseln

Der Workshop heute, den Julia Röben passend für die Jugendlichen sehr locker und auch mit Spaß umsetzt, gliedert sich in mehrere Stationen. Nach dem Start mit den Bewerbungsfotos setzen sich die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen an den sogenannten Kompetenzinseln mit sich selbst auseinander. Vier Minuten pro Tisch, dann wird gewechselt. An einem Tisch geht es um Stärken und Schwächen, am nächsten um Hobbys und Interessen, dann um die Lebensziele. Manche zögern, andere schreiben in Hochgeschwindigkeit. Auf den Zetteln sind Begriffe wie Kritikfähigkeit, Verlässlichkeit und Lernbereitschaft zu lesen, aber auch Fähigkeiten wie „gute Insta-Storys“ oder Hobbys wie Reiten, Fußball oder Kochen.

Bei den Lebenszielen stehen Familie, ein guter Beruf oder auch Geld im Vordergrund. „Es ist total spannend, wie unterschiedlich die Jugendlichen sind, die wir hier erleben“, sagt auch Julia Röben, die anschließend viele Fragen stellt und gemeinsam mit der Gruppe beantwortet, zum Beispiel: Wie lange muss man eigentlich arbeiten, bis man in Rente geht? Oder: Wo findet man seriöse Informationen über mögliche Berufe?

„Lebensnahe Berufsorientierung“

Die gesamte Zeit dabei ist Lydia Kuhn. Die Lehrerin an der Oberschule Uplengen mischt sich immer wieder unter die Gruppen, gibt Hinweise, hört zu. Sie ist überzeugt von dem Format. „Unsere Schule legt sehr großen Wert auf lebensnahe Berufsorientierung und wir machen ganz viele Projekte“, sagt die engagierte Lehrerin. „Für uns ist es dabei besonders wichtig, die Schüler optimal auf ihren Beruf vorzubereiten.“ Für sie ergibt es dabei großen Sinn, ein Angebot wie das der Raiffeisen-Volksbank anzunehmen. „Wenn jemand von außen kommt, bekommt das Ganze eine neue Bedeutung und einen ganz anderen Charakter, als wenn ich als Lehrerin da vorne stehe.“ Die Schüler sähen eben nicht mehr nur den Menschen, der sie täglich unterrichtet, sondern eine reale Gesprächspartnerin aus der Arbeitswelt. „Das verändert den Blick, das motiviert.“ Lydia Kuhns Erfahrung zeigt: Wenn Inhalte aus dem Alltag kommen, finden sie leichter den Weg ins Bewusstsein der Schülerinnen und Schüler.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Simuliertes Bewerbungsgespräch

Ein Höhepunkt des Workshops ist das simulierte Bewerbungsgespräch. Die Jugendlichen stehen kurz vor der Tür, klopfen an, betreten nacheinander den Raum, begrüßen Julia Röben mit einem festen Händedruck. Sie spielt die zukünftige Chefin, die Fragen stellt – freundlich, aber fordernd. Es geht um Motivation, um Berufswahl, um persönliche Eigenschaften. Die Gespräche werden erst in Kleingruppen geübt, dann vor der Klasse durchgespielt, samt Feedbackrunde, für die das Gespräch mit einem Tablet gefilmt und anschließend am Smartboard – der digitalen Schultafel – gezeigt wird. Fehler sind erlaubt, sagt Julia Röben immer wieder, sie gehören zum Lernprozess.

Einer der Schüler, die das Bewerbungsgespräch durchlaufen, ist Leon. Der 16-Jährige hat eine klare Vorstellung, was er in Zukunft machen möchte. „Ich will in den Straßen- und Tiefbau gehen, das interessiert mich am meisten und da habe ich auch schon in der Familie mal mitgearbeitet“, sagt der Jugendliche. Für ihn hat der Workshop viel gebracht: „Ich fand das Bewerbungsgespräch mit Julia echt hilfreich, vor allem, weil man ja sonst gar nicht weiß, wie so was eigentlich abläuft“, erzählt er. „Ich habe gelernt, wie ich auftreten muss, ich gehe jetzt bestimmt viel sicherer in mein echtes Bewerbungsgespräch.“ Leon lobt auch, wie sich Julia in die Gespräche eingefunden hat – obwohl sie keine Expertin für den Bau ist, hat sie sich auf ihn und seine Berufswünsche eingelassen. „Man hat gemerkt, dass sie sich wirklich Mühe gegeben hat, sich da reinzudenken. Das hat das Ganze echt gut gemacht.“ Als er sich verabschiedet, sagt Leon noch, dass er viele neue Eindrücke gesammelt hat. Das Konzept des Nachmittags hat ihn überzeugt. „Solche Workshops sollten an allen Schulen gemacht werden.“