Mit viel Eifer, Energie und großer Überzeugung unterstützt die Emsländische Volksbank eG seit vielen Jahren die Gründung und die Arbeit von Schülergenossenschaften in ihrer Region. Sie fördert damit die finanzielle Bildung und schafft echte Erfahrungsräume. Das Motto: Nicht nur über Wirtschaft reden, sondern selbst aktiv werden. Ein leuchtendes Beispiel wie gut und ertragreich dies im genossenschaftlichen Miteinander gelingt, ist die Schülergenossenschaft DruckFest der Berufsbildenden Schulen Lingen Wirtschaft.

Justin sitzt konzentriert vor dem Bildschirm des Computers, sicher klickt er mit der Maus durch das Design-Programm. Mit ruhiger Hand zieht er die Konturen des Namens „Kristian“ nach. Dieser soll später auf einem weißen Sport-Shirt stehen. Der 17-Jährige besucht die Berufsbildenden Schulen (BBS) Lingen Wirtschaft und macht hier in einem Jahr seinen erweiterten Realschulabschluss. Heute allerdings sitzt er in einem hellen weitläufigen Raum, der ganz anders aussieht als ein typisches Klassenzimmer. Mehrere Computer stehen hier, ein Plotter, zwei Bügelstationen.
Neben Justin arbeiten einige andere Schülerinnen und Schüler mit ihm an dem Projekt, das von der Beachvolleyball-Mannschaft eines anderen Zweigs der Schule in Auftrag gegeben wurde. Kurze Zeit später schickt Justin die Datei an den Schneideplotter. In diesen legt er eine glänzende schwarze Flexfolie. „Die Folie muss exakt eingepasst werden“, erklärt Justin. Mit einem Surren zieht die Maschine die Folie ein und druckt den Entwurf. Für den Schüler beginnt nun die kleinteiligste Arbeit: Er muss die überflüssige Folie von der Vorlage abziehen.
„Echte Kunden, echte Deadlines“
Was Justin nun so routiniert macht, ist das Ergebnis von mehreren Stunden Übung. Jede Woche arbeitet der Schüler, der nach seiner Zeit an der Höheren Handelsschule eine Ausbildung zum Industriekaufmann machen möchte, eine Doppelstunde in der Schülergenossenschaft DruckFest. Diese bietet seine Schule verpflichtend für alle Klassen des einjährigen Zweigs an. Die Produktion ist eine von fünf Abteilungen der Schülerfirma, für die sich die Jugendlichen bewerben müssen, mit Lebenslauf und Motivationsschreiben, erzählt Justin. „So wie bei einem richtigen Job.“
Neben ihm bügeln gerade zwei Mitschüler die Folien auf die T-Shirts. Der Auftrag für den Druck kam über das schulinterne Bestellformular. Die Abteilung hatte ein Angebot kalkuliert, erst dann ging es in die Produktion. „Was wir hier machen, ist kein Spiel. Das sind echte Kunden, echte Deadlines“, beschreibt Justin seine Arbeit. „Außerdem habe ich für mich gemerkt, dass ich mich viel besser organisieren kann als zuvor. Man lernt, Probleme zu lösen – und auch zu sagen: Ich weiß das gerade nicht, aber ich frage jemanden.“ Sein größtes Aha-Erlebnis? „Dass auch Lehrer mal Fehler machen – und dass es okay ist, sie zu verbessern. Man begegnet sich auf Augenhöhe.“
Kundenauftrag, Produktion, Controlling
Eine der Lehrerinnen ist Manuela Bramer. Sie begleitet die Schülerfirma, die unter anderem für die Stadt Lingen, einen Weltladen und verschiedene Kindertagesstätten arbeitet, seit mehreren Jahren. „In der Schülergenossenschaft übernehmen die Jugendlichen Verantwortung für echte wirtschaftliche Prozesse, vom Kundenauftrag über die Produktion bis hin zum Controlling“, sagt die Wirtschaftslehrerin. „Das macht Lernen konkret.“ Das Konzept ist mehr als Projektunterricht, erklärt Manuela Bramer, die die Schülerfirma mit zwei Kolleginnen und einem Kollegen betreut. „Die Jugendlichen machen ihre ersten wirtschaftlichen Erfahrungen nicht auf dem Papier, sondern mit echten Aufträgen.“ Dadurch würden Schlüsselkompetenzen geschult: Planungswissen, Verantwortungsbewusstsein sowie die Fähigkeit, Probleme zu lösen.
Hölscher: „Uns ist finanzielle Bildung wichtig.“
Jürgen Hölscher steht auf der anderen Seite der Partnerschaft – und ist begeistert. Der Vorstand der Emsländischen Volksbank eG engagiert sich seit einem Jahrzehnt für Schülergenossenschaften, insgesamt fördert die Bank gleich vier. „Uns ist finanzielle Bildung wichtig – und die kommt im normalen Unterricht oft zu kurz“, begründet er das Engagement. Gleichzeitig passt es natürlich sehr gut zu einer genossenschaftlich strukturierten Bank. Die Schülerfirma hat dementsprechend sämtliche Gremien wie die großen Vorbilder. Vorstand, Aufsichtsrat, Generalversammlung – alles muss organisiert und umgesetzt werden. Dabei unterstützt sie die Bank, die auch Räume für Versammlungen zur Verfügung stellt. Außerdem werden die Schülergenossenschaften auch zur Vertreterversammlung der Volksbank eingeladen. „Die Jugendlichen erleben bei ihrer Arbeit, was es heißt, wirtschaftlich zu denken – ohne den Druck, maximale Gewinne zu erzielen. Aber: Verluste dürfen sie auch nicht machen.“
Nachhaltigkeit, Umsicht, Verantwortung
„Es geht um Nachhaltigkeit, Umsicht, Verantwortung“, sagt Jürgen Hölscher. „Das können wir mit einer Genossenschaft sehr gut umsetzen. Sie stehen für Mitbestimmung, für gemeinsames Handeln, für Werte, die in der heutigen Zeit dringend gebraucht werden.“
Währenddessen wechselt Diana die Abteilung. Die 17-Jährige ist Vorstandsvorsitzende der Schülergenossenschaft und gerade auf dem Weg zur Mitgliederversammlung. PowerPoint-Datei auf dem Stick, Notizen im Kopf. Sie führt durch die Abteilungen, stellt Projekte vor, beantwortet Fragen – vor Mitschülerinnen und Mitschülern, vor Lehrkräften, manchmal auch vor Bankmitarbeitern. „Am Anfang hat mich gewundert, dass wir so was überhaupt an der Schule haben“, sagt sie. Inzwischen ist sie überzeugt: „Ich habe gelernt, vor Leuten zu sprechen, Verantwortung zu übernehmen, mit anderen Abteilungen zu kommunizieren. Das ist so viel mehr als Unterricht.“
Zurück in der Verwaltung: Hier rechnen die Schüler gerade mit Excel, buchen Aufträge, schreiben Rechnungen, kontrollieren Zahlungsziele. Ein Schüler plant den Wareneinsatz für das nächste Großprojekt: 100 Honiggläser für die Emsländische Volksbank eG, die darin den Honig abfüllen lässt, den die Bienen auf dem Dach der Bank produzieren.
„Ein echter Erfahrungsraum“
Justin ist immer noch mit dem T-Shirt beschäftigt, allerdings geht es nun darum, das Produkt für die sozialen Medien und die Schul-Homepage aufzubereiten. „Unsere Social-Media-Abteilung kümmert sich um die Außendarstellung“, erklärt er, während er mit Diana die Kamera einrichtet. Gemeinsam fotografieren sie zwei Mitschüler, die als Models die T-Shirts angezogen haben, schreiben Texte, produzieren auch mal Videos. „Die Schülerfirma ist ein echter Erfahrungsraum“, sagt Manuela Bramer, die sich das Shooting anschaut. „Die Schülerinnen und Schüler lernen nicht nur Wirtschaft – sie lernen, wie man arbeitet, wie man gemeinsam Ziele erreicht, wie man auftritt. Und das nehmen sie mit – in ihre Ausbildung, ins Berufsleben, ins Leben überhaupt.“